Mittwoch, 9. Mai 2007

"fint"

...heißt auf Norwegisch so viel wie "gut" und drückt mit der den Norwegern eigenen Zurückhaltung in etwa aus, dass sie mit etwas zufrieden oder einverstanden sind. Für mich hieß das heute Morgen, das größte Lob überhaupt zu bekommen. Die beiden Damen vom Studentenwerk waren verhältnismäßig entzückt von unserer gestrigen Arbeit und haben KEINEN Mangel gefunden. Ich kann gar nicht beschreiben, welch großer Stein mir vom Herzen gefallen ist. Dabei waren sie bei der Kontrolle äußerst penibel. Eine der beiden hat allein (!) den Ofen gewuppt und durch ein "oiuehhh" oder so ähnlich zum Ausdruck gebracht, dass sie beeindruckt war, dahinter keinen einzigen Krümel zu finden. Außerdem haben sie mich gefragt, ob wir alle zusammen gearbeitet hätten, was ich nur bejahen konnte und zugleich darauf hinwies, dass der Ofen auf's Konto von Sondre geht. Bei unserer Einsatzbesprechung hatte Michael noch gescherzt, dass sich ein "armer Teufel" finden müsste, der die Sanitäranlagen reinigt. Da habe ich mich freiwillig gemeldet, wenn ich dafür nicht den Ofen machen müsste. So könnt Ihr Euch in etwa die Dimensionen vorher-nachher vorstellen ;-)

Bei der Gelegenheit bin ich auch gleich das Gästebett auf Rädern losgeworden, das ich ihnen einfach mal in die Hand gedrückt habe. Auf meiner letzten Rechnung wurden mir dafür tatsächlich 50 KR abgerechnet obwohl ich bisher noch von niemandem gehört habe, dass er dafür bezahlen musste. Zugegeben, ein bisschen misstrauisch hatte mich das schon gemacht, denn hier muss man für einfach alles bezahlen.

Als Gerücht stellte sich inzwischen auch heraus, dass man den Pfand für die Bus-Monatskarte zurück bekommt. Ich wollte am Montag wiederum 50 KR meines eigenen Geldes kassieren, die ich im Winter dafür bezahlt hatte. Aber der Mitarbeiter von Opplands Trafikk hat mich erst veralbert indem er vorgab kein Englisch zu sprechen, um mich dann auf Englisch quasi auszulachen, dass ich auf so eine absurde Idee gekommen bin. Dabei haben das damals alle erfahrenen Hasen behauptet und sogar die Einheimischen glauben das. Nachdem ich mich eine Runde darüber geärgert hatte (das wären vier Latte Macciato in der Uni gewesen), habe ich es als Auslandserfahrung verbucht. Außerdem gleicht es sich im Grunde auch dadurch wieder aus, dass Robin hier die ganze Zeit als (ewiger) Student durchgegangen ist. Bei Bus und Bahn bekommt man als solcher nämlich 25-50 Prozent Rabatt. Aber es hat nie irgendwer nach seinem Ausweis gefragt, den er nicht hat...

Ich glaube, das werde ich auch in den Erfahrungsbericht für ERASMUS reinschreiben (heute ist übrigens 20. Jahrestag). Es müssen ja nicht alle in die gleiche Falle tappen. So langsam mache ich mir schon Gedanken darüber, was noch unbedingt erwähnt werden müsste und wie ich meinen Aufenthalt insgesamt bewerte. Ich denke, es wird auf "fint" hinaus laufen, auch wenn so manches nicht so optimal lief.

Darüber habe ich vor einigen Tagen auch gerade wieder mit Katharina gesprochen, die Ende Mai ihre Bachelorarbeit abgeben muss, sich dementsprechend mit der Zukunftsplanung beschäftigt und z.Zt. große Sehnsucht nach Deutschland hat. Vor allem das Kulturangebot lässt hier ganz schön zu wünschen übrig, dafür ist die Natur natürlich einmalig und gerade jetzt einfach wunderbar. Beide Länder haben ihre Vor- und Nachteile, und auch von der jeweiligen Stadt, in der man lebt, hängt sicherlich vieles ab. Optimal wäre eine Kombination aus beiden: Natur, Mentalität und Bezahlung im Rahmen norwegischer Verhältnisse, tägliches Leben, Feiern und Freizeit nach deutschem Maßstab.

So freue ich mich einerseits sehr auf vertraute Dinge und Gewohnheiten, andererseits habe ich mich hier nun auch ganz gut eingerichtet und mit der Situation arrangiert. Deshalb ist es etwas befremdlich, dass in nächster Zeit so viele Abschiedsparties auf dem Programm stehen. Am Freitag gehen wir mit Hafez noch mal zum Bowling, am Samstag feiern die belgischen Mädels Charlotte und Annlies ihr großes Finale, sowie eine Woche später die beiden Däninen Catrine und Sofie. Da kommt also noch so einiges auf mich zu und ich habe beschlossen, die Hausarbeit im Laufe dieser Woche endlich zu Ende zu bringen und mir das exam einfach mal den Buckel runterrutschen zu lassen. Ich bin doch schließlich Erasmus-Studentin...

Auf Anregung von Bruno, der im Zusammenhang mit dem wenig schmeichelhaften Umgang der Lillehammer-Buddies mit dem "Gesindel aus Gjøvik" während des Bergen-Trips den Begriff Gjøvik-Monkeys geprägt hat, wird es dank der Initiative von Ondro in Kürze übrigens auch das T-Shirt zur Tour geben. Ich finde, das passt, denn oft genug geht es hier wirklich zu wie im Affenhaus... und damit zurück zu den Schweineställen dieser Welt...

PS: Anbei ein Beweis-Snapshot, dass vor meinem Fenster wirklich kein Schnee mehr liegt. Nicht im Bild: der blaue Himmel mit grauen und weißen Wolken und sonnigen Abschnitten.

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