Dienstag, 29. Mai 2007

(ent-) spannung bis zuletzt

Hallo Ihr anderen Frühaufsteher,

hoffentlich ging Eure Nacht schöner zu Ende als meine, die jäh unterbrochen wurde durch einen Weckruf von Katharina: panic at the disco. Nee, at school. Word hat - oh Wunder - gemacht, was es will und in diesem Zusammenhang eine etwas eigenwillige Art der Nummerierung entwickelt. Nach drei kam 5 und ähnliches... Ich bin also aufgesprungen, unter die Dusche gehüpft und habe mich ganz fix von Katha und ihrer "Gruppe" namens Thomas mit dem Auto abholen lassen (das war das erste Mal, dass ich zur Hochschule gefahren worden bin). Wo war der Fehler im Bild? Ja, genau, ich habe mich pro forma auf deutsche Hektik eingestellt und seit Wochen beeilt...

An der HIG angekommen bin ich erst mal beim SOPP-Büro vorbei, um einen Sauberkeits-Check-Termin für heute Nachmittag zu vereinbaren, aber die gute Frau war gerade in der Kantine einen Kaffee trinken und meinte, ich soll mal lieber später kommen. Also haben wir relativ schnell das genannte und andere Formatierungs-Probleme in den Griff bekommen und fast sämtliche Steine von zwei Herzen gerollt ;-)

Doch dann stellte ich fest, dass ich in der Eile meine Kreditkarte vergessen hatte. Deshalb sind Thomas und ich noch mal zurück zum Wohnheim und haben das Ding geholt (das war das zweite Mal, dass ich zur Hochschule gefahren worden bin). Anschließend war ich wieder beim SOPP-Büro. Aber dieses Mal war die freundliche Mitarbeiterin beim Mittagessen. War ja auch klar, es war inzwischen halb 12. Ich sage Euch, bei dieser Arbeitsmoral wird hier garantiert niemand einen Herzinfarkt kriegen!
Immerhin konnte ich meinen Papierkram im International Office erledigen und bin danach mit Katharina "frühstücken" und habe bei dieser Gelegenheit den letzten Boller des Tages abgestaubt. War ja auch klar, es war inzwischen halb 12 und die Frühstückszeit laaange vorbei.
Nach Kaffee und Kuchen habe ich den dritten Versuch gestartet und so was wie Erfolg gehabt. Es gab nur einen kleinen Haken. Ich solle doch in 15 Minuten wiederkommen, dann hätte sie die Daten meiner Waschkarte aus Lillehammer vorliegen. Hmpf. Ja, gerne.

Als ich meine Schulden beglichen hatte, hab ich ganz schnell gemacht, aus dem Laden rauszukommen. Von wegen: versuch's mal mit Gemütlichkeit. Dafür war ich einfach zu schnell aufgestanden. Allerdings stand auch noch der besagte Check an. Im Aufzug des Wohnheims haben Katha und ich die beiden Frauen getroffen, die sich Chief Stewardess und Assistentin nennen. Die Beiden, die auch den Großputz observiert hatten. Obwohl ich erst 15 Uhr den Termin hatte, habe ich sie hereingebeten und kam mir total kontrolliert vor... Ich hatte vergessen, den Deckenfluter abzuschrauben und die Fliegen darin zu entfernen... Und wenn ich sie nicht daran erinnert hätte, wäre die Küche gar nicht kontrolliert worden, so sehr war die eine der Beiden damit beschäftigt mir alles Gute und so weiter zu wünschen. Wirklich unglaublich. Wenn man die Briefe so liest, denkt man, die springen einem gleich an die Kehle vor Ordnungswahn. Und wenn sie leibhaftig vor dir stehen, sind sie die Freundlichkeit in Person. Verrücktes Land...

Nun steht meiner Abreise im morgigen Morgengrauen nur noch das Schließen meiner Reisetasche im Wege. Ich glaube, ich stehe eine halbe Stunde eher auf damit ich noch 17-mal alles hin- und herpacken kann um a) die Flughafenbestimmungen hinsichtlich "Flüssigkeiten" zu erfüllen, b) die Sache mit dem Übergepäck zu vermeiden und c) auch noch Platz für Bettwäsche, Handtücher und Co. zu haben. Wir werden sehen...

Euch seh ich dann hoffentlich demnächst / bald wieder?!
Ich werde noch einen Zwischenstopp in Hamburg sowie Bremen machen, aber danach bin ich voll und ganz zurück im Leben ;-)

In diesem Sinne: danke für die Aufmerksamkeit und SEES I TYSKLAND


Montag, 28. Mai 2007

auf gepackten koffern

Liebe Mitwisser,

wie war das mit dem Himmel, der weint? Es regnet mal wieder in Strömen, und um mir nicht unnötig die Schuhe nass zu machen habe ich sogar das Flaschen wegbringen auf morgen verschoben. Echt unglaublich, was sich in fünf Monaten so ansammelt. Jetzt auch mal so allgemein gesehen!
Ich habe am Freitag (!) einen Brief vom Studentenwerk bekommen, dass sie gern mein Zimmer auf Sauberkeit checken wollen bevor ich fahre. Und zwar werktags von 8-15 Uhr. Ähmm, ja. Die letzte Möglichkeit wäre dafür der Dienstag. An dem ich meinen Papierkram an der Uni erledigen wollte. Zu dem auch gehört, die Miete zu bezahlen. Das habe ich wohlgemerkt bereits Anfang letzter Woche dort angekündigt, sowie nach den Formalitäten der Schlüsselübergabe gefragt -> die sich zum Glück auf einen Briefkasten-Einwurf beschränken.

Um jedenfalls nicht doch noch nachträglich zahlen zu müssen, habe ich mich dann also heute von der allgemeinen Frühjahrsputzstimmung (?) anstecken lassen und sowohl alles in meinem Zimmer geschrubbt und gewaschen als auch die Gemeinschaftsflächen. Denn "this is to prevent a situation where the last attendant to move will end up cleaning the entire area" und schließt Kühlschrank, Klo, Ofen, Küchentisch und Flur mit ein. Ach deshalb bin ich für nächste Woche noch mal in der Waschliste eingetragen?!
Meinen Mitbewohner Sondre, der Ende letzter Woche ausgezogen ist, hat das nicht im mindesten gekümmert. Der hat es nicht mal zum Schluss geschafft seinen Müll selbst runterzubringen. Ich hoffe, Michael wird es die zwei Wochen die er noch hier ist überleben, dass ich das Klo aus Prinzip nicht mitgeputzt habe?!

Die Aktion zog zumindest nach sich, dass ich fast alles bereits eingepackt habe, zwei Postkarten hinter dem Bett hervorfischte und morgen einen hoffentlich entspannten letzten Abend haben werde. Debora kommt aus Italien wieder und wir wollen zusammen mit Katharina ein letztes Mal Pizza machen und essen. (Danach kann ich dieses Gericht definitiv nicht mehr sehen!)

Ich bin in einer Laune irgendwo zwischen Urlaub und Umzug - und ganz ehrlich: Mir reicht's jetzt auch. Großartiges Neues wird nicht kommen, meine liebsten Mitstreiter sind schon abgereist, das Bildungsziel "Englisch aufpolieren" habe ich erreicht, Haut und Stimmung sind entspannt und wenn ich mir mein Gepäck so ansehe, dann will ich am Liebsten sofort los. Zurück ins "wirkliche" Leben, das ohne mich weitergegangen ist, irgendwie aber immer präsent war.
Was nicht heißt, dass ich nicht gern wieder hierher kommen würde. Vielleicht nicht in dieses Nest, aber in dieses schöne, tolle, aufregende, relaxte, naturnahe Land der vielen Möglichkeiten!

Freitag, 25. Mai 2007

so was wie frei

Hallo Ihr IT-HighPotentials da draußen,
sehr geehrtes doIT-Team,

ich würde mich hier und jetzt gern schon mal vorsorglich für einen LaTex-Kurs anmelden damit ich mit der Formatierung meiner Diplomarbeit durch WORD nicht in den Wahnsinn getrieben werde! Heute war es wieder fast so weit. Ich habe mich wahnsinnigerweise bereit erklärt Katharina und ihrer Gruppa namens Thomas beim Layout der gemeinsamen Bachelorarbeit unter die Arme zu greifen. Zur Zeit handelt es sich dabei um ca.60 Seiten mit Grafiken, Tabellen etc., die mich den ganzen Tag gekostet haben. Und den morgigen vermutlich auch. Zugegeben, die norwegische Version ist gewöhnungsbedürftig. Aber nach 10 Stunden war es dann so weit, dass das Unterstreichen eines Wortes 12 Minuten gedauert hat, ich etwa 27-mal die Kopf- und Fußzeilen wieder hergerichtet habe und von Bild-in-Text brauche ich ja wohl gar nicht erst anzufangen. Dabei hatte ich irgendwann mal die Eingebung, dass ich dieses verd... Programm endlich im Griff hätte und mit sich selbst überlisten könnte. Weit gefehlt! Words World ist unendlich. Meine Geduld inzwischen aber auch. Während mich Katharina im Laufe des Tages mehrmals gefragt hat, wie ich nur so ruhig bleiben könne, habe ich inzwischen eingesehen, dass Aufregen überhaupt nichts bringt. Naja, ich muss ja auch nicht am Mo meine Arbeit abgeben...

Aber diese Aktion zeigt mal wieder, dass dieses norwegische Semester von Anfang bis Ende der Wissenschaft gedient hat, insbesondere natürlich der Vorbereitung des wissenschaftlichen Arbeitens an Großprojekten.

Gestern habe ich erfolgreich meine Projektarbeit verteidigt und meinen Dozenten mit meinem spontanen Vortrag über Kommunikation und Interaktion durch Webseiten, ich will nicht sagen begeistert, aber ihn ein bisschen milder gestimmt. Geschenkt hat der mir nämlich nichts. Von wegen Englisch, fremdes Terrain und so. Das hätte er alles am liebsten noch viel ausführlicher und genauer gehabt. Dabei habe ich mit meinen 30 Seiten schon den Rahmen einer Hausarbeit gesprengt und war auf dem besten Wege eine Bachelorarbeit zu schreiben. Egal. Ich war vor allem froh, dass ich es hinter mir hatte und habe ihm das auch zu Verstehen gegeben. Er hat das aber, glaube ich, nicht getan. Dem Ingenieur ist nichts zu schwör. Da trafen Welten aufeinander. Ich habe es letztendlich sportlich gesehen und vor allem für mich selbst gelernt - Organisation und Durchhaltevermögen ist alles ;-)

Anschließend hatte ich einen Termin im hauseigenen Spa. Das hört sich aufregender an als es ist. Es handelt sich nämlich um einen kleinen Raum im Gebäude der angehenden Krankenschwestern. Und da diese etwas praktisches Training benötigen darf man sich für 15 Minuten verwöhnen lassen, was ich natürlich zum Einläuten meiner freien Tage gern getan habe.

Sonst werde ich bis Dienstag auch keine großen Sprünge mehr machen: Mit Katha ihre Arbeit raushauen, selbst den Erfahrungsbericht für das Akademische Auslandsamt fertig schreiben, den restlichen Papierkram erledigen, sauber machen usw.

Das Wetter ist zwar super, aber man weiß nie ob es tatsächlich regnet oder nicht. Das macht langfristige Planungen irgendwie nicht möglich. Allerdings sind die auch hinfällig, denn nun sind es nur noch vier Tage bis ich mich auf den Weg nach Hamburg mache! Ich muss sagen, ich freu mich schon sehr. Zwar genieße ich die Ruhe und die allgemeine Entspanntheit dieses Landes, habe aber auch Hummeln im Po und Angst, völlig der Apathie zu verfallen.

Habe mich gerade gewundert warum bei EinsLive so eine komische Clubbing-Musik läuft, wo die doch sonst um diese Zeit am besten zu ertragen sind, und habe bei der Gelegenheit festgestellt, dass heute ja Freitag also der Beginn des Wochenendes ist. Daran kann man gut sehen, wie sehr man hier aus dem Takt kommt...

PS: Da Debora samt Kamera für ein paar Tage nach Italien verschwunden ist, auch zu Eurer Entspannung und damit Ihr mal was von der Natur seht, noch ein paar Bilder vom Wald.

Mittwoch, 23. Mai 2007

mission: elch

Liebe Kleintierzüchter,

was haben wir bloß falsch gemacht???
Kein Elch war in Sicht und das einzige Ergebnis unserer Expedition waren nasse Füsse. Denn das Wildtier des Jahres 2007 bevorzugt Lebensräume, die mit Seen und Sümpfen durchsetzt sind. Die Gebirge sind dagegen ein eher ungeeigneter Lebensraum. Sagt Wikipedia. Der örtliche Stadtwald sah am Wochenende auch irgendwie trockener aus. Moos auf dem Boden und jede Menge Preiselbeerbüschchen täuschten darüber hinweg. Stellenweise kam ich mir vor wie Ronja Räubertochter...und zum Schluss sind wir noch durch einen Morast gerannt, weil wir es sonst nicht mehr vor dem Dunkelwerden raus aus dem Wald geschafft hätten. Kalt war es außerdem auch.

Den Mädels hat's trotzdem gefallen und die beiden Däninen Sofie und Catrine sahen es gar als fast perfekten Abschluss ihres Norwegen-Aufenthaltes an. Obwohl uns kritische (männliche) Jungs ja eigentlich schon vorher gesagt haben, dass es unmöglich wäre mit vier Mädchen etwas zu unternehmen wofür man Ruhe und Geduld braucht. Zugegeben, das Öffnen von Flaschen und Dosen, knisternde Bonbon-Tüten und raschelndes Butterbrotpapier vereitelten den Plan etwas. Aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben. An einem umgestürzten Baum haben wir sogar Fellspuren gefunden. Und ich habe ja noch knapp eine Woche Zeit, doch noch einem zu begegnen... Allerdings sagte mir der Leader der friluftsgruppa, der fast jedes WE im Wald ist, dass er seit drei Jahren keinen gesehen hat :-(

Morgen steht aber erst mal oder endlich die mündliche Prüfung zum Electronic-Publishing-Kurs an. Vielleicht kann ich da mit Wissen wie diesem glänzen: "In Online-Medien wie dem Usenet werden Menschen als Elch bezeichnet, die Vorschriften oder Regeln selbst erfinden, vielfältig veröffentlichen und vortäuschen, es bestehe darüber ein Konsens." (Wikipedia, Stichwort Elch)

Sonntag, 20. Mai 2007

neues vom holzweg

Sehr geehrte Lagerfeuer-Romantiker,

Ihr hättet heute Nacht Euren Spaß gehabt! Den ganzen Tag sah es so aus, als wenn unsere Outdoor-Party-Pläne ins Wasser fallen und vom Winde verweht werden würden. Es war super stürmisch, regnete immer wieder, war aber auch sonnig und warm. Also trafen wir uns abends auf der Terrasse des Wohnheimes und beschlossen, dem Wetter zu trotzen. Florian und Bara haben uns zu einer Lichtung am Rande der Zivilisation mitten im Wald geführt - eine riesige Fläche mit abgeholzten Bäumen, einem Tipi, verschiedenen Feuerstellen, einem kleinen See und sogar einem Plumpsklo. Leider hatte der Sturm dermaßen gewütet, dass das Zelt durch einen entwurzelten Baum fast vollständig zerstört war. Also sind wir ein bisschen weiter gezogen, in die Nähe von zwei Holzverschlägen, die als Unterstand bei schlechtem Wetter dienen, und haben erst mal reichlich Holz für ein großes Lagerfeuer gesammelt. Das brannte dann auch ganz schnell und so manches Würstchen, das vom Spieß gefallen war ging in seinen Flammen unter. Die Franzosen haben es fertig gebracht ganze Kotelettes zu braten, während ich mich auf Folienkartoffeln beschränkt habe.

Später hieß es "Bananen raus", denn der Abend stand unter dem inzwischen alt bewährten Motto und Schlachtruf "Gjøvik Monkeys" und sollte auf einem Gruppenbild verewigt werden. Danach wurde das gelbe Obst einem guten Zweck zugeführt und diente geröstet und mit Schokoaufstrich verfeinert als delikate Nachspeise.
Die Monkey-T-Shirts sind übrigens von einer derart schlechten Qualität nicht nur hinsichtlich des Drucks sondern auch ihrer Beschaffenheit, dass es gestern erste Verluste in Form von Riesen-Löchern gab - nein, nicht durch Brand verursacht... Ich glaube, in dieser Sache ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Außerdem fand ich es höchst unbefriedigend immer noch keinen Elch gesichtet zu haben, was heute Nacht bei ca. 20 grölenden Partygästen aus dem In- und Ausland natürlich auch unmöglich war. Und da das ja wohl nicht angehen kann, ich nicht die Einzige bin und die Zeit langsam knapp wird, werden Debora, Katrine, Sofie und ich am Dienstag-Abend auf Safari gehen und uns auf die Lauer nach skogens konge legen.

Auf dem Rückweg hätten Fabienne und ich uns fast noch im Wald verirrt. Zwar hatten wir eine Lampe, haben aber vor lauter Bäumen und Wildnis den Weg nicht gesehen. Als wir die Zivilisation endlich erreicht hatten verwirrten uns die gleich aussehenden Straßen und wir haben uns so zweifelnd wie mutig de facto durch die Vorgärten Richtung angenommener Heimat geschlagen. Dabei war es eigentlich gar nicht sooo dunkel.

Inzwischen ist es abends fast bis 22 Uhr hell und morgens ab 4 (das weiß ich, weil ich seit der Nacht mit dem Qualm immer um diese Zeit aufwache). Gegen 3 fingen die ersten Vögel an zu lärmen - zwitschern kann man das wirklich nicht nennen. Keine Ahnung, was das für eine Art war, Amseln und Meisen ganz sicher nicht. Die konnten mich aber nicht mehr davon abhalten, müde und zufrieden in mein Bett zu fallen.

Samstag, 19. Mai 2007

was ich noch sagen wollte

...vor lauter Enthusiasmus über die 17.-Mai-Feierlichkeiten habe ich gestern ganz vergessen das "Geheimnis" des Rauchens zu lüften. Wie uns mein Mitbewohner Michael erklärte kann der Sensor des Feueralarms Zigarettenqualm von echtem Rauch unterscheiden - und geht dementsprechend nicht los, wenn man im Zimmer raucht. Nichts desto trotz ist das Rauchen verboten und ich hoffe, das wird in meinen letzten Tagen hier nicht noch zur Gewohnheit. Das ist auch etwas, das ich in Deutschland definitiv vermissen werde - rauchfreie Kneipen...meine Stimme haben sie...

Außerdem haben Debora und ich Donnerstag-Nacht noch Vilma mit dem restlichen Ramazotti verabschiedet. Sie ist Freitag-Früh zurück nach Litauen geflogen. Obwohl ich in der Nacht zuvor wegen der Rauchsache kaum geschlafen hatte, sah sie noch wesentlich fertiger aus als ich. Ich glaube, Master-Arbeit und Präsentation haben sie ganz schön geschlaucht und die letzten Wochen waren alles andere als Spaß für sie. Dagegen ging es mir richtig gut ;-)
By the way: Ich habe Anfang der Woche meine Hausarbeit abgeschickt und die vergangenen Tage dazu genutzt, ein bisschen "Luft zu holen". Nun sitze ich über dem Erfahrungsbericht, den ich für das Akademische Auslandsamt bzw. nachfolgende Erasmus-Studenten schreiben soll und lasse alles noch mal Revue passieren. Insgesamt betrachtet habe ich doch ganz schön was erlebt hier und finde es schwierig, zu entscheiden worüber ich berichte...

Es geht auch in Riesen-Schritten dem Abschied zu: Heute Abend feiern wir die letzte große Party zusammen (in unseren frisch gelieferten Monkey-T-Shirts) und ab nächster Woche lichten sich die Reihen merklich. Ich habe zwar am 24. noch die mündliche Prüfung, aber im Geiste packe ich auch schon meine Sachen. Um mich einem Teil meiner Vorräte zu entledigen habe ich darüber hinaus gestern alle zum Milchreis und Eierkuchen essen eingeladen - und hatte zum vermutlich letzten Mal eine volle Küche. Da Hafez Geburtstag hatte, haben wir ihn zusammen angerufen und ihm "Happy" Birthday" gesungen. Allein die Vorstellung, dass er an einem anderen Ende der Welt sitzt und wir ihn an der Strippe hatten war irre...

Freitag, 18. Mai 2007

bei königs zuhause

Hello World,

zurück in meinem verschlafenen und verregneten Stützpunkt kann ich sagen, dass der gestrige Tag ein voller Erfolg war - ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll... Also, eigentlich fing alles damit an, dass ich nachts UM 4 aufgewacht bin, weil im Flur unter mir eine Party im Gange war und Zigarettenqualm in mein Zimmer zog. Mit Fenster schließen oder ganz weit öffnen war es nicht getan, ich fing sogar schon an, mich zu Kratzen, weil einfach alles stank. Also entschied ich mich nach weiteren 1,5 h des Nicht-Schlafs nach unten zu gehen und wenigstens herauszufinden, wer dafür verantwortlich war und wie es möglich ist, im Zimmer zu rauchen ohne den Feueralarm in Gang zu setzen. Nach zweimaligem Klopfen öffnete mir eine Freundin meines Mitbewohners Michael und behauptete erst mal, sie wären das nicht. Hallo? Sonst war - hörbar - niemand wach. Als ich ihr sagte, dass ich wegen dem Gestank nicht schlafen kann, entschuldigte sie sich aber ganz schnell und versprach, die Party zu beenden. Das wollte ich ja eigentlich gar nicht, was ich ihr auch sagte (die hatten gegen 11 sogar schon die Musik leiser gemacht), doch kurz danach war Ruhe und ich konnte noch bis halb 8 "schlafen".

Dann bin ich mit Debora zum Bahnhof gelaufen, wo wir gegen halb 10 Katharina getroffen haben und anschließend mit dem Zug nach Oslo fuhren. Nebenbei bemerkt: Fahrkarten kann man ohne Zuschlag im Zug kaufen!
In Oslo angekommen trafen wir noch eine Freundin von Katharina, die aus Bergen kommt, seit zwei Jahren der Liebe wegen (zu ihrem Freund, nicht der Stadt) in Oslo wohnt und arbeitet und die Stadtführerin für uns spielen wollte. Wie es der Zufall so will geht sie im Herbst für ein Jahr nach Deutschland, weshalb ich ihr gleich mal meine E-Mail-Adresse gegeben habe ;-)

Zuerst sind wir zur Festung Akershus gelaufen, wo wir hören konnten, wie Kanonenschüsse abgefeuert wurden. Außerdem hat man von dort aus einen tollen Blick auf den Hafen und das im wahrsten Sinne des Wortes bunte Treiben in der Innenstadt. Debora und ich kamen uns etwas under-dressed vor. Die Norweger hatten sich richtig herausgeputzt. Die meisten Männer hatten ihre Sonntagsanzüge an, viele Frauen trugen traditionelle Kleider und selbst Hunde und Kinderwagen waren mit Fähnchen und Schleifchen in blau-rot-weiß ausgestattet. Dass die ganze Stadt in einem Meer aus Flaggen und Fahnen verschwand brauche ich ja wohl nicht zu erwähnen?! Unser Tagesziel hieß dementsprechend auch für uns ein Fähnchen zu organisieren - natürlich ohne dafür zu bestellen - was sich als ausgesprochen schwierig herausstellte. Wer von den Norwegern eins hat, lässt das weder aus den Augen noch aus den Händen, nicht mal die Kinder. Katharina erklärte uns, dass das daran liegt, dass die von klein auf darauf getrimmt werden, dass die Flagge das Allerheiligste ist und keinesfalls den Boden berühren sollte...

Als nächstes hatte sich Debora gewünscht, den König zu sehen, der von 9-12 auf seinem Balkon steht und den vorbeiziehenden Teilnehmern der Parade zuwinkt. Ich habe ehrlich gesagt nicht geglaubt, dass wir das schaffen. Es waren nämlich wirklich viele, wenn nicht alle, Osloer auf den Beinen und eine reguläre Fortbewegung war nicht möglich. Trotzdem hatte ich damit gerechnet, dass es noch mehr wären und wir nur im Schritttempo vorankommen würden. Aber weit gefehlt. Selbst wenn verhältnismäßig viele Menschen in Oslo unterwegs sind, heißt das noch lange nicht, dass man nicht da hinkommt, wo man will, zwischen den Massen eingeklemmt ist, oder sich im Gedränge verliert. Nichts davon ist eingetroffen. Und auch der Schlossgarten war nicht abgesperrt.

So konnten wir uns dem königlichen Schloss sehr gut nähern und haben König Harald V. nebst Frau, Prinz Haakon und Mette-Marit vom Balkon winken sehen. Das war ein bisschen aufregend, weil ich wie gesagt nicht damit gerechnet hätte und man solche Menschen sonst ja nur aus den bunten Zeitungen kennt.
Danach haben wir uns die Parade ein bisschen angesehen und die beiden norwegischen Mädels haben sich das traditionelle Würstchen im Kartoffelteigmantel gekauft. Genauer gesagt nennt sich das "lefse", sieht aus wie ein kleiner Eierkuchen und besteht aus Kartoffel-, Weizen- und Roggenmehl. Die Norweger schwören da drauf und es gibt eigentlich keine Grillparty ohne das Zeug, das quasi als Brötchenersatz dient. Man kann das als süße Variante auch mit Marmelade zum Kaffee essen. Allerdings hat mich das weder in der einen noch in der anderen Form überzeugt, weil es dann immer noch nach rohen Kartoffeln schmeckt. Für mich als vegetarischen Problemfall musste also etwas anderes her und wir sind schließlich im "Bagel und Juice" gelandet, wo es Bagel, Kaffee und belgische Waffeln für alle gab.

Frisch gestärkt und nachdem ich mich an einer laaaange Schlange vor dem einzigen Klo angestellt hatte, war ich motiviert genug, eines der Fähnchen, die am Eingang des Cafés in der Begrünung steckte mitzunehmen. Und während sich Debora noch lautstark darüber aufregte, dass sie vorher minutenlang mit Katharina darüber verhandelt hatte, wie sie es am Besten anstellen, das Ding unbemerkt mitzunehmen, bin ich ganz schnell "vorgegangen", um nicht doch noch echten Ärger zu kriegen. Das Tagesziel war erreicht!

Ich hatte mir gewünscht, dass wir uns das Konzert einer Brass-Band ansehen, wo wir als nächstes hingestiefelt sind, aber nicht lange waren, weil es zu kalt war / wurde um länger irgendwo rumzustehen. So verabschiedete sich dann auch Katharinas Freundin, die wie viele Andere ja nur ein dünnes Sommerkleidchen anhatte. Wir wollten uns noch den Umzug der Russe ansehen, aber der war dann schon vorbei und wir haben nur "marodierende" und unorganisierte Schülergruppen angetroffen, die lautstark pfeifend durch die Innenstadt gezogen sind. Man musste immer aufpassen, dass es einen nicht erwischt, denn Viele hatte Sprühdosen dabei mit einem merkwürdigen bunten Gummizeug drin, das am Ende des Tages überall klebte. Außerdem ist mir aufgefallen, dass insgesamt sehr wenig Polizisten unterwegs waren. Trotzdem waren alle sehr gesittet und zugleich ausgelassen. Man hat gespürt, dass die Freude aus tiefstem Herzen kam und die Norweger einfach gut drauf waren.

Zum Schluss sind wir zu dritt noch mit der Straßenbahn in den Vigelandspark gefahren, der eine von Norwegens meistbesuchten "Attraktionen" ist. Der Park ist das Lebenswerk des Bildhauers Gustav Vigeland (1896-1943) und wenn man die mehr als 200 Skulpturen in Bronze, Granit und Schmiedeeisen sieht, glaubt man gern, dass das eine Weile gedauert hat. Die Figuren stellen nackte Menschen in allen möglichen Altergsruppen und Situationen dar und sie sind zum Teil überlebensgroß. Eine der bekanntesten ist ein kleiner wütender Junge, aber auch der Springbrunnen, der aus einer Schale besteht, die von mehreren Menschen gehalten wird ist sehr berühmt.

Fazit: ein aufregender und schöner Tag in der großen Stadt und ein einmaliges Erlebnis, am norwegischen Nationalfeiertag in der Hauptstadt zu sein, die dadurch noch mal ein ganz anderes Ambiente hatte...