Montag, 15. Januar 2007

...neues vom kriegspfad

Hallo liebe Fangemeinde,

eigentlich hatte ich gestern ja beschlossen, dass alles besser wird. Es schien auch so als ob das gut möglich ist. Denn gestern Abend hat Bruno - wie auch immer - das MSN-Ding geknackt und nun geht es plötzlich! Da fehlten selbst mir die Worte...

Aber ich hatte die Rechnung ohne den Montag gemacht. Der ist hier genauso komisch wie anderswo auch. Sprich: man würde gern weiterschlafen, hat keine Lust aufzustehen, draußen ist es dunkel und kalt und je länger der Tag dauert desto skurriler wird er... So auch heute. Ich habe wüst geträumt und hätte den Wecker am liebsten an die Wand geworfen und bin mit den Jungs im Bus zur Uni gefahren weil uns der Wind sonst vermutlich weggeweht hätte.

Auch das Desaster mit der Technik setzte sich fort. Wie gesagt hatte ich (bzw. meine Mutter) mal wieder so ein lustiges Formular vom Auslands-Bafög-Amt bekommen (das Spiel spiele ich seit September ohne zu wissen, ob ich je das Ziel erreichen werde). Das wollte ich heute an der Hochschule ausdrucken. Jeder Student hat 600 Ausdrucke pro Semester frei und ich wollte einfach mal einen Anfang machen. Wo ist der Fehler? Genau! Wollte. Einfach. Es ging damit los, dass ich nicht in den Computerraum reinkam, weil ich meinen PIN-Code nicht parat hatte. Also musste ich auf Barbora warten, die mich hineinließ. Dann habe ich das PDF geöffnet und bin auf "print" gegangen, wobei ich noch erwähnen sollte, dass die Tastatur norwegisch beschriftet ist und die Programme alle in Englisch sind.
Erstes Problem: da ist ja gar kein Drucker angegeben. Ondroj hat mir also gezeigt, wie man mit den printer-settings aus den 10000 Druckern, die es in der Hochschule anscheinend gibt, den richtigen auswählt. Gut. Weiter. Mit Warten, dass die Daten an den Drucker übermittelt werden....ja....hmmm....so ähnlich.... Ich habe es echt versucht. Aber es ging "einfach" nicht. Also versuchte sich als nächstes ein Einheimischer. Der installierte einen anderen Drucker und gab mir den Hinweis, dass ich am Drucker selbst zwei Mal den grünen Knopf drücken muss. Das hatte ich verstanden und versuchte es weiterhin. Aber auch weiterhin ohne das gewünschte Ergebnis. Nachdem ich 45 min damit zugebracht hatte, bot mir Ondroj an, von seinem PC aus zu drucken. Das habe ich gemacht - waren ja nur zwei Seiten - und war einem Nervenzusammenbruch nahe...

Nach dem Essen bin ich daraufhin - mal wieder - zum IT-Service gelatscht, der sich auch in dieser Uni am Ende der Welt, nämlich im hintersten Kellerwinkel befindet. Das nette Mädchen hinterm Tresen hatte zwar eine Reihe von Ideen, woran es liegt (ich zitiere / freie Übersetzung): "Hast du dies und das hier und dort schon freigeschaltet?" What? Es gibt ungefähr 27 Stellen auf der Uni-Homepage, wo man sich einloggen und irgendwas auf Norwegisch erkennen kann. Wenn man weiß, was. Mit etwas Glück gibt es auch englischsprachige Infos. Aber ich komme vom Thema ab: sie kam auch nicht weiter und reichte meinen Studienausweis an einen kleinen blassen Informatiker (Kellerkind) weiter, der damit hinter der Wand verschwand. Nach 5 min kam er wieder und nuschelte so was wie "should work now". Und siehe da: it did work als ich es das nächste Mal probierte. Na also, manchmal brauchen Erfolgserlebnisse ein bisschen länger!

Ansonsten habe ich mich heute durch meinen ersten englischen Fachtext mit dem spannenden Titel "Breed Better Banners - design automation through online interaction" gewurschtelt. Da ich mit meinem Prof am Mi darüber sprechen soll, und dieser letzte Woche ganz euphorisch war, was dieses Thema betraf, muss ich mir dringend noch überlegen, was ich diplomatisch korrekt antworte...

Das gleiche ist vermutlich sinnvoll für die Standardfrage der zuweilen sprechenden Norweger danach, wie man denn Norwegen finden würde. Ähhh ja, Gjövik ist nicht des Landes beste Seite, oder?! Im Zweifelsfall über das Wetter reden. Das wird auch hier gern und viel gemacht. Zwar behauptet die Vorhersage von Firefox nach wie vor standhaft, es würde schneien. Aber ich wusste ja schon vorher, dass die lügen. Es ist kalt aber trocken. Zumindest nachmittags. Dann scheint sogar die Sonne auf die riesigen Schneehaufen am Straßenrand. Morgens und nachts bläst der Wind um die Häuser und wenn ich einen Hund hätte, würde ich den nicht vor die Tür setzen. Andererseits ist einer meiner Nachbarn gestern in Shorts (!) zum Rauchen auf den Balkon gegangen... Als ich ihm nachrief, er wäre aber mutig, sagte er "nein, ich bin nur verrückt"... Übrigens ist in den Kneipen und anderen öffentlichen Gebäuden das Rauchen verboten!

Was ich auch sehr angenehm finde ist das norwegische Motto: Ting tar tid - Gut Ding will Weile haben. Nirgends wird gedrängelt (außer an der Theke), am Zebrastreifen halten die Autofahrer immer an und ich habe noch niemanden erlebt, der Hektik verbreitet hätte.
Abgesehen davon, dass sich das Studentenwohnheim neben zwei Blocks befindet, in denen angeblich vor allem ältere Leute wohnen, komme ich mir manchmal vor wie im Altersheim. Es ist fast Pflicht mit den anderen Internationals laut, deutlich und in möglichst einfachen Wörtern zu sprechen. Damit will ich nicht sagen, dass ich in der Lage wäre ein eloquentes Englisch zu sprechen. Aber sobald du ein Wort ins Spiel bringst, dass nicht so gebräuchlich ist, musst du es lang und breit und anders erklären. Zum Beispiel budgie, das Wort für Wellensittich, das ich in der 5.Klasse so ziemlich als erstes gelernt habe damit ich sagen kann, was für Haustiere ich habe ;-) Fragt mich nicht, wie wir darauf gekommen sind. Aber erklärt das mal jemanden der keine Ahnung hat wovon die Rede ist! Ich glaube, im Tabu-spielen wären wir alle großartig...

Als Ergänzung zu gestern habe ich heute in der taz einen schönen Artikel über Packungsaufschriften gefunden. Wenn er nicht so lang wäre, würde ich ihn hier reinkopieren. Grob zusammengefasst sagt der Autor, dass die Produkttexte von Schreiberlingen im Kellerverlies einer Firma verfasst werden, die es nicht in die Werbebranche geschafft haben. Sie verfassen dort irgendwelchen abstrusen Müll, der weder von den Konsumenten noch von den Herstellern gelesen wird. "Heißt Globalisierung jetzt, dass man auch so schreiben muss, als käme das Produkt aus Taiwan?"
Da war ich wieder froh, dass ich nicht verstehe, was im "Kleingedruckten steht. Manche Wörter sind sehr ähnlich oder auch bekannt (siehe smörre-bröd), aber wenn sich neben dir zwei Norweger unterhalten, kannst du eigentlich beruhigt weghören, denn du verstehst sowieso nichts. Somit ist mein neuer Leitsatz: "Abschalten können Sie woanders." Was nicht zugleich bedeutet, dass ich den Ohrwurm der letzten Tage "you better watch out" aus meinem Kopf rauswerfe. Denn das gilt nach wie vor. Vor allem hinsichtlich der so genannten Tücken des Alltags!

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